22 Jahre an der Spitze der Caritas Sozialstation
Main-Echo Pressespiegel

22 Jahre an der Spitze der Caritas Sozialstation

Pflegedienste: Horst Wehl hört als ehrenamtlicher Vorsitzender von St. Hildegard Schöllkrippen auf - Nachfolgerwahl diesen Donnerstag
Schöllkrippen  »Mei­ne Auf­ga­ben ha­ben mir viel Spaß ge­macht. Ich ha­be vie­le Men­schen ken­nen­ge­lernt und zwi­schen mir und den Mit­ar­bei­tern hat stets die Che­mie ge­stimmt.« Mit die­sen Wor­ten zieht Horst Wehl (57) nicht nur po­si­ti­ve Bi­lanz über die zu­rück­lie­gen­den 22 Jah­re, in de­nen er eh­renamt­lich als Vor­sit­zen­der der Ca­ri­tas So­zial­sta­ti­on St. Hil­de­gard Sc­höllkrip­pen fun­gier­te. Nach ins­ge­s­amt fast 26 Jah­ren im Vor­stands­team hält er die Zeit für sei­nen Rück­tritt ge­kom­men.

Er gehe mit Freude und einem ruhigen Gewissen: »Ich habe einen guten Nachfolger gefunden«, sagt er im Gespräch mit unserem Medienhaus. Wer das sein wird, soll erst öffentlich gemacht werden, wenn in der Mitgliederversammlung am Donnerstag, 7. März, um 19.30 Uhr im Sackhaus in Schöllkrippen die Neuwahlen anstehen.

Wehl verrät vorab nur ein paar Voraussetzungen, die für ihn bei der Suche nach dem »Neuen« wichtig gewesen seien. Demnach sollte sein Nachfolger möglichst Jurist oder Betriebswirt sein; er sollte Katholik, aber nicht zu konservativ sein, und er sollte sich für ältere Menschen interessieren, ohne selbst zu alt zu sein.

Als einen Grund für diese Maßstäbe nennt Wehl die »Grundordnung des kirchlichen Dienstes«, die nach Angaben von Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, »die wichtigste Rechtsquelle des Kirchenarbeitsrechts« darstellt. Die Neuauflage vom November 2022 enthalte einige Aussagen und Sachverhalte, mit denen Wehl »im Grunde nicht einverstanden« sei. Als Beispiele nennt er folgende Formulierungen: »Personen, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren, kommt eine besondere Verantwortung für die katholische Identität der Einrichtung zu. Sie müssen daher katholisch sein.« Der langjährige Vorsitzende der Sozialstation fühlt sich davon »nicht eingeladen«. Er sei zwar Mitglied der evangelischen Kirche, wo er sich auch aktiv engagiere (siehe »Zur Person«). Aber er respektiere die katholische Kirche und habe sich immer gut mit den katholischen Pfarrern verstanden.

Ebenfalls kritisch zu hinterfragen sei die Formulierung: »Wer sich kirchenfeindlich betätigt, wird nicht eingestellt. Das gilt auch für Personen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind.« Vor allem in Bezug auf »seine« Sozialstation. Schon immer sei es wichtig gewesen, nicht nur kunden- sondern auch mitarbeiterfreundlich tätig zu sein, unter Beachtung des christlichen Selbstverständnisses. Entgegen des allgemeinen Trends habe sich die Sozialstation daher stets über Interessenten freuen können und die Personalsituation habe »gepasst«. Durch »solche Vorgaben« in der Grundordnung stelle sich nun jedoch die Frage, ob das so bleiben werde. Allerdings, so räumt Wehl ein, habe sich die Personalsuche generell geändert, denn früher sei eine kirchliche Einrichtung allein aufgrund dieser Eigenschaft attraktiv gewesen für Bewerber.

Überhaupt habe sich im Laufe der Jahre vieles verändert. Die Bürokratie im Pflegebereich habe zugenommen und das Anspruchsdenken sei gestiegen: »Manche Menschen werden geradezu undankbar.« Das sei aber wohl eher ein gesellschaftliches Phänomen, denn selbst die Einstellung von Politikern gegenüber Sozialstationen lasse manchmal zu wünschen übrig. Wenn beispielsweise Krankenhäuser bei der Personalgewinnung als höherwertig eingestuft würden und daher die unentgeltliche Nutzung von Dienstwagen angeboten werde. »Sozialstationen, deren Personal mit den Autos täglich zu den Pflegekunden fährt, wird ein solcher Bonus nicht gewährt.«

Wenn er an diesem Donnerstag bei der Mitgliederversammlung der Sozialstation offiziell in den Ruhestand verabschiedet werde, falle er keinesfalls in »ein Loch«. Zum einen, weil es noch eine Weile dauere, bis er auch beruflich (siehe »Zur Person«) in den Ruhestand gehe. Nicht zu vergessen die Hobbys; allen voran das Reisen und die Musik: Wehl spielt Tenorhorn und Zugposaune bei den Kahlgründer Musikanten und hat das »Adventsquartett« gegründet, das vorwiegend bei Veranstaltungen der Sozialstation und im Hospiz Alzenau auftritt. Was indes nicht viele wissen: Der 57-Jährige besucht gerne die Waldbühnenkonzerte der Berliner Philharmoniker und schwärmt zugleich für die Kult-Hard-Rock-Band AC/DC. Er war sogar schon achtmal beim Festival in Wacken und einmal beim Summer-Breeze bei Dinkelsbühl - jeweils im passenden Outfit, versteht sich.

Zur Person: Horst Wehl

Geboren 1966 in Nürnberg, zog Horst Wehl zusammen mit seinen Eltern 1974 nach Schneppenbach. Auf das Abitur am Spessart-Gymnasium in Alzenau folgten der Zivildienst am Kreiskrankenhaus in Wasserlos und das Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Im Rahmen seines Pflichtwahlpraktikums sammelte er Erfahrungen bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Aschaffenburg und bei einem Rechtsanwalt im Financial District in San Francisco/USA. Nach dem zweiten Staatsexamen gehörte er von 1997 bis 1999 einer Rechtsanwaltssozietät in Alzenau an, seit 1999 führt er eine eigene Rechtsanwaltskanzlei in Schneppenbach. Wehl ist verheiratet und hat drei Töchter zwischen 20 und 26 Jahren. Für die Gesellschaft engagiert er sich auf vielfältige Weise: Er ist aktiv in der Malteser-Hospizbegleitung und fungiert in der evangelischen Kirche seit 1986 als Lektor und seit 2000 als Prädikant (Laienprediger mit Abendmahlsverwaltung) im Dekanatsbezirk Aschaffenburg. Von 2008 bis 2014 war er Mitglied des Marktgemeinderats Schöllkrippen und ging bei den Kommunalwahlen 2020 als unabhängiger Bürgermeisterkandidat für die FWG (jetzt Unabhängige Bürger) Schöllkrippen ins Rennen. Seit 2021 bekleidet er zudem das Ehrenamt als Feldgeschworener. mst

05.03.2024
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