Was ein Wiesener Baum in Frankfurt macht
Main-Echo Pressespiegel

Was ein Wiesener Baum in Frankfurt macht

Fällung und Transport im Spessart waren schwierig
Wiesen  Ein Spess­ar­ter Baum ist nach der Fäl­lung mitt­ler­wei­le in der Main­me­tro­po­le da­heim, an pro­mi­nen­ter Stel­le. Warum der Baum am 25. No­vem­ber ei­ne gro­ße Büh­ne in Frank­furt be­kommt.

Wiesen. Das nennt man dann wohl Präzisionsarbeit. Waagrecht im Wiesener Himmel schwebt die Fichte, gehalten von zwei riesigen Kränen. Sanft wird der Baum auf gestapelten Holzbalken darniedergelassen. 25 Meter ist die Rotfichte lang. Dreieinhalb Tonnen schwer. Durchmesser am Fuß: 90 Zentimeter. Abertausende werden demnächst an ihr vorbeiflanieren. Auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt am Römer. Ein Spessarter Baum für die Mainmetropole.

Viel los ist am Morgen des Baumfällens in Wiesen an der Durchgangsstraße auf dem Gelände des Busunternehmers Franz Elsesser. Ihm gehört die Fichte. Kranfahrer mit ihren Kränen sind da. Mitarbeiter eines Forstunternehmens mit Hubsteiger. Und. Und. Und.

Mittendrin: Matthias Krug aus Schöllkrippen vom Unternehmen Super-Weihnachtsbäume. Seit vier Jahren, sagt Krug, kümmere er sich im Auftrag der Stadt Frankfurt um den Weihnachtsbaum für den Weihnachtsmarkt. Das ganze Jahr über sei er in Sachen Weihnachtsbäume unterwegs - immer mit dem Blick dafür, was ein Nadelbaum im Advent und zur Weihnacht hergeben könnte. Auftraggeber seien Firmen, so der Baumscout, Kirchen (Frankfurter Dom) oder eben die Stadt Frankfurt.

Kempfenbrunn. Flörsbachthal. Bisher seien die Bäume für den Frankfurter Weihnachtsmarkt aus dem hessischen Spessart gekommen, sagt Krug. Heuer sei mit Wiesen der bayerische Spessart an der Reihe. Besagter Baum an der Straße habe aus Sicherheitsgründen eh gefällt werden müssen. Da passt es gut, dass er großstädtisches Weihnachtsbaum-Format hat. Nämlich: gerade gewachsen, Fällung und Transport machbar.

Laut Krug hat das Ganze auch einen sozialen Hintergrund. Die an der Aktion beteiligten Firmen würden dem Schöllkrippener Verein »Wunsch am Horizont«, der letzte Lebenswünsche erfüllt, eine Spende übergeben.

Zurück zur Wiesener Fichte. Die Baumarbeiten auf seinem Grundstück beobachtet Baumbesitzer Franz Elsesser. Er sagt, die Fichte sei vor 50 Jahren von seinen Eltern gepflanzt worden. Und na klar: Selbstverständlich werde er den Frankfurter Weihnachtmarkt besuchen, um »seinen« Baum bewundern zu können, wenn er geschmückt ist und leuchtet.

Fürs Schmücken zuständig ist Jörg Renneisen. Elektromeister aus Frankfurt und seit einem Vierteljahrhundert zuständig für Schmuck und Licht am Baum. In aller Ruhe beobachtet er die Wiesener Fichte. Renneisen geht sogar so weit, dass er am Baum kosmetisch aktiv wird. Das heißt: In Frankfurt auf dem Römerberg wird er, sobald der Baum steht, an kahlen Stellen Löcher bohren und Äste hineinstecken, damit der Baum auch voll und proper dasteht.

»Ich hatte schon schlimmere Bäume«, sagt Baumschönmacher Renneisen beim Blick auf die Wiesener Fichte. Wichtig sei, dass der Baum vor dem Transport ins Hessische sachte behandelt wird. Sprich: Mit Spanngurten werden die Äste am Stamm justiert. »Beibinden«, nennen das die Fachleute. Ganz vorsichtig. Damit ja nichts abbricht. Beim Transport darf die Breite von 4,20 Meter nicht überschritten werden. Deshalb die Beibinderei.

Dazu gesellt sich Hüseyin Dietz-Gültekin, Chef von Baumpflege Dietz, aus Bessenbach. Er ist mit seinem Team da. »So etwas machen wir eher selten. Das ist schon außergewöhnlich.« Den Baum »sicher zu Boden bringen« - darum geht's. Dafür sei die Vorplanung wichtig, das Team müsse funktionieren.

Sagt's und geht ans Werk. Schutzkleidung. Schutzhelme mit Mikro zur Absprache untereinander. Dietz und ein Kollege lassen sich mit dem Steiger in die Höhe hieven. Ran an den Baum. Ihr Job ist es, die Fichte an Seilen festzubinden, die wiederum mit einem der Kräne verbunden sind.

Gesagt. Getan. Der Mann mit der Säge kommt. Macht seine Arbeit. Der Kran legt los. Zieht sachte am Baum. Schon schwebt die mächtige Fichte drei, vier Zentimeter über dem Baumstumpf. Leicht wackelt sie in der Luft hin und her.

Jetzt kommt der sensible Part, so die Experten. Der Baum wird mit Hilfe des zweiten Krans und dessen Seilen in die Horizontale gebracht. Da müssen die Kranfahrer alles perfekt ausbalancieren, damit der Baum nicht in der Mitte durchbricht.

Wie zufrieden Baum-Fachmann Dietz-Gültekin ist, sieht man ihm an, nachdem die Fichte schadlos auf den Holzbalken abgelegt worden ist. »Super geklappt. Guter Job.« Das sieht auch Ines Philipp so, die bei der Stadt Frankfurt (Tourismus und Congress Frankfurt) unter anderem für den Weihnachtsmarkt zuständig und zur Baumfällung extra nach Wiesen gekommen ist: »Einwandfrei.«

Übrigens: Beim Baum gibt es einen Plan B. Das sagt Baumscout Krug aus Schöllkrippen. Hätte es den potenziellen Frankfurter Weihnachtsbaum bei der diffizilen Aktion in Wiesen, sagen wir, zerrissen, hätte es einen Baum Nummer zwei gegeben. Bei Kempfenbrunn. Im hessischen Spessart.

Wenige Tage nach der Fällung ist die Wiesener Fichte in Frankfurt angekommen und aufgestellt worden. »Der Transport hat super funktioniert«, sagt Ines Philipp von der Stadt Frankfurt am Telefon. Dem Baum einen Namen geben, was in Frankfurt Tradition hat, durfte heuer die dortige Berufsfeuerwehr, die ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Den Wiesener Weihnachtsbaum, aufgestellt am Frankfurter Römer, haben die Feuerwehrleute nach ihrem Schutzpatron genannt. Florian also.

Am Montag, 25. November, wird der Weihnachtsmarkt in Frankfurt eröffnet. Mittendrin: die Fichte aus Wiesen. An dieser Stelle jetzt schon mal: Frohe Weihnacht!

Hintergrund: Weihnachtsbäume für Aschaffenburg

Die Stadt Aschaffenburg sucht Weihnachtsbäume. Das geht aus einer Mitteilung aus dem Rathaus hervor. Die Stadt stelle zur Adventszeit 24 Weihnachtsbäume, verteilt im gesamten Stadtgebiet. Dafür suche die Stadt größere Tannen und Fichten mit einer Höhe bis zwölf Metern. Wer einen Baum zur Verfügung stellen kann, soll sich beim Garten- und Friedhofsamt unter Tel. 06021/3306730 melden. Fällung und Abholung seien kostenfrei. Der Wurzelstock werde nicht gerodet und nicht entsorgt.

08.11.2024
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